Geht das auch nett?

Über Kommunikation, Social Skills und Training

Homeoffice ist wie arbeiten - nur krasser!

May 10, 2020

In diesen Zeiten des Zwangs-Homeoffice tritt ja häufiger die Frage auf – wie motiviere ich mich, wie trenne ich beruflich und privat etc.

In diesem Zuge wurde ich an die Zeit auf meinem einsamen Berg in Tansania erinnert, wo ich meine Master Arbeit schrieb - a long time ago in a far away galaxy :-).

Das war eigentlich eine Pre-Corona experience – ich hätte theoretisch meine 4 Wände verlassen können, aber das war nicht so wirklich interessant, da ich zu dem Zeitpunkt die Landessprache null beherrschte. Also war es tatsächlich so: Aufstehen, süßen Tee (Chai) abholen und sich in das Zimmer zurückziehen, dass den besten Stromempfang der Solar-Anlage hatte – Internet gab es nur einmal die Woche.

Fazit: Nach 4 Wochen hatte ich die Hälfte der verlangten Seiten geschrieben – meine Mitkommilitonen waren irgendwie gerade mal bei der Einleitung und waren sehr entspannt, da man ja ein halbes Jahr für die Abgabe hatte.

Ich geriet stattdessen in Panik: OMG was mache ich bloß mit meiner Zeit, wenn ich plötzlich in 4 Wochen fertig bin?

Also den Tag anders strukturieren, denn nach 8 Wochen in der Isolation bereits durchdrehen – keine Option. Plan aufgemalt und los ging‘s: Aufstehen, Chai holen, MINDESTENS ein Kapitel aus einem der Bücher lesen, das ich schon immer lesen wollte egal ob fachlich oder fiktional, dann 3 Stunden Abhandlung. Dann MINDESTENS eine Stunde etwas Physisches machen – egal ob Wand streichen, Fotos sortieren, Marmelade kochen. Dann weitere 3 Stunden Abhandlung am Laptop. Und dann Daily Wrap-Up: Was habe ich geschafft, was war strubbelig, womit mache ich morgen weiter.

Was will ich damit sagen? Dass mich die jetzige Zeit durch das Erlebnis nicht aus der Bahn geworfen hat und dafür bin ich sehr dankbar. Ich sitze zwar nicht am Rechner im Schlafzimmer, aber doch in meinem Walkin Closet

– das schrie mich jeden Tag an „jetzt sortier hier doch mal – hält ja keiner aus“.

Hier kommen mir dann meine Erfahrungen aus meinen Jahren auf dem skandinavischen Arbeitsmarkt zu Gute – eine gesunde Portion Halli-Galli kombiniert mit Abgabeterminen. Meine skandinavischen Arbeitgeber konnten sich gut auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter in unterschiedlichen Lebenssituationen einstellen. Und ihnen die Freiheit einräumen, ihre Arbeitssituation je nach Lebenslage anzupassen – man ging dann z.B. an einem Tag um 13:00 Uhr nach Hause, organisierte den nächsten Kindergeburtstag, und setzte sich abends um 20:00 Uhr, wenn Ruhe einkehrte, wieder an den Rechner. Alles Chilli Vanilli!

Wenn es meinem Kopf guttut, die Mittagspause zu verlängern und mal 10 T-Shirts raus zu schmeißen, dann wird das so umgesetzt. Und dann abends noch mal ein bisschen gearbeitet. Höre auf deinen Kopf und dein Bauchgefühl – so funktioniert es bei mir am besten.

Viel interessanter fand ich es, dass viele meiner Kollegen in den ersten Wochen mehr virtuelle Calls aufsetzten als sie normalerweise physische Meetings gehabt hätten – da musste ich tatsächlich mehrmals nachhaken, ob das wirklich notwendig war – denn so kommt man nicht zum konzentrierten Arbeiten. In unserem kleinen Team wurden dazu letztendlich Regeln aufgesetzt – feste Regelcalls, Emails nur für Entscheidungsparameter nutzen und EINEN Chatkanal einsetzen – nicht alle 3 auf einmal. Funktioniert super und ich liebe meine Flexibilität zu Hause.

Walk-In Closet ist übrigens jetzt aufgeräumt :-) :-).