Geht das auch nett?

Über Kommunikation, Social Skills und Training

Die Schubkarre

June 23, 2022

Ich bin versucht, diese kleine Geschichte mit einem Gedicht alá Christian Morgenstern einzuleiten:

„Es war einmal ein Lattenzaun, mit Zwischenraum, hindurchzuschaun….“

Analog dazu ist meine Einleitung folgende: „Es war einmal ein Karren voll – mit Äppeln groß, der überquoll…“

Kommunikation ist ja bekanntlich nicht nur Worte, sondern auch Gesten, Körpersprache und auch alles das, was man NICHT sagt - „Schatz, was iss los?“ „Ach, nix…“ – gefährlich, sehr gefährlich. Und Kommunikation ist auch sehr wohl alles das, was man NICHT macht oder tut.

Ich komme täglich an einer Schubkarre vorbei, die in ganz unterschiedlichen Zuständen so rumsteht. Der angedachte Sinn und Zweck dieser Karre ist, dass sie sehr gerne mit zusammengefegtem Allerlei und Pferdeäppeln befüllt werden darf. Das funktioniert prima – also meistens – allerdings ist dann auch Ende im Gelände – denn die Karre bleibt da einfach so stehen.

„Die Karre stand ganz dumm, alleine einsam so herum

Ein Anblick grässlich und gemein – zudem ist sie auch nicht ganz klein.“

Wenn ich jetzt ein bisschen darüber philosophiere, was ist denn jetzt die Botschaft? Gerne bemühe ich mich, den Schmutz zusammen zu fegen, ihn gegebenenfalls auch noch in die Karre zu heben. Aber die Karre mit Inhalt wegbringen oder den Inhalt entsorgen – also das ist nun wirklich nicht meine Aufgabe, das muss ein anderer tun. Es ist auch faszinierend zu beobachten, dass obwohl die arme Karre beinahe unter dem Gewicht des Inhalts zusammenbricht und schon fast einen Platten hat, MAN es immer noch schafft, noch einen weiteren schiefen Turm von Pisa drauf zu schichten – oder man lässt einfach den letzten Haufen vor der Karre liegen.

Wenn ich mich jetzt an dieser Kommunikation des Nichts Tun beteilige, was kommuniziere oder signalisiere ich denn da beispielsweise?

  • Ich bin bereit, das oberflächliche Problem oder Herausforderung zu beseitigen (Schmutz zusammenfegen und anhäufen), aber den Weg zu Ende gehen ist mir ehrlich gesagt zu anstrengend – die Karre bringe ich jetzt nicht weg!
  • Ich sitze das aus; wenn ich Glück habe - Toll, Ein Anderer Macht’s! – der Andere beschäftigt sich mit dem Problem oder der Herausforderung.
  • Das hat nichts mit mir zu tun – ich war das nicht, meine Wahrnehmung ist eine andere.
  • Sind ja eh schon so viele Herausforderungen – da kann ich jetzt auch nicht mehr helfen – der schiefe Turm von Pisa.

Doch; kann ich! Vielleicht bin ich ja in der Nähe, wenn die Karre nur halbvoll ist – dann kann ich die doch mal fix wegbringen – und schon sind es nur halb so viele Probleme oder Herausforderungen. Es muss ja nicht immer eskalieren. Oder um Hilfe bitten: „Boah, das ist ganz schön schwer; wenn ich die Hälfte der Strecke zurücklege, kannst du dann die zweite Hälfte übernehmen – dann schaffen wir es gemeinsam.“

„Nichts macht nicht nichts.“ - Georg-Wilhelm Exler. Das gilt für Worte und für Taten.